Kunst schult die eigene Wahrnehmung, die die Grundlage aller menschlichen Erfahrungen ist. In dem mehrmonatigen Kunstprojekt „Kunterbunt in 100 Farben“ beschäftigten sich die Vorschulkinder des Kinder- und Familienzentrums BLAUER ELEFANT Borbeck des Kinderschutzbundes mit dem österreichischen Künstler Friedensreich Hundertwasser. Am Beispiel seiner Werke experimentierten die Kinder mit Farben und Formen und erweiterten ihre Erfahrungen. Am Ende stand eine Ausstellung mit eigenen Kunstwerken.
Dieser Ausstellung näherten sich die 26 Mädchen und Jungen in mehreren Modulen an. Zunächst lernten sie Hundertwasser, seine bunten, fantasievollen Bilder und Häuser und seine von organischen Linien geprägte Formensprache anhand eines Bilderbuchs über sein erstes architektonisches Werk kennen. Aus Ziegelsteinen bauten die Vorschulkinder in einem zweiten Schritt ihre eigene Siedlung. „Damit erforschen die Kinder nochmal einen eigenen Erfahrungsbereich: das dreidimensionale Denken“, erläutert Daniela Degner, Erzieherin und Fachkraft für Atelierarbeit, die das Kunstprojekt zusammen mit Michelle Cebulski, Erzieherin und angehende Medienpädagogin, betreute. Genau wie ihr künstlerisches Vorbild bemalten die Kinder die Ziegelsteine in bunten Farben.
Mit Farben setzten sich die Mädchen und Jungen auch während eines Besuchs des Museums Folkwang auseinander. In einem Workshop experimentierten sie mit den Grundfarben Rot, Blau und Gelb. Jeweils zu dritt schufen sie auf Basis einer Geschichte ein abstraktes Bild, und obwohl alle Kinder dieselbe Geschichte hörten, fielen die Gemälde ganz unterschiedlich aus. Als sie einige im Museum ausgestellte Kunstwerke betrachteten, lernten die Kinder außerdem, dass man Kunst unterschiedlich wahrnehmen kann. So reichte die Interpretation des in kräftigem Rot gehaltenen Werkes „Erde, Feuer, Wasser“ von Bernd Zimmer von Lava über einen Dinosaurier in der Wüste bis zur afrikanischen Landschaft. Auch Gefühle kann Kunst auslösen, erfuhren die Kinder: Ausgesprochen amüsiert waren sie von einem Werk der amerikanischen Künstlerin Eliza Douglas, das verzerrte Micky Mäuse zeigt.
In einem weiteren Modul ihres Kunstprojekts ließen sich die Kinder vom russischen Maler Wassily Kandinsky inspirieren. Sie nahmen sich seine Farbstudie „Quadrate mit konzentrischen Ringen“ zum Vorbild und malten ebensolche Bilder. Im nächsten Schritt bauten sie aus Pappkartons eine Wohnsiedlung nach, die Friedensreich Hundertwasser entworfen hat. Die erneute dreidimensionale Auseinandersetzung mit seiner Kunst förderte das Betrachten aus unterschiedlichen Blickwinkeln und ließ neue Ideen entstehen.
Zum Abschluss malten die Vorschulkinder Bilder, die sie ihren Eltern in einer Ausstellung präsentieren. Hatten die Jungen und Mädchen bislang mit Wasserfarben und Gouache experimentiert, lernten sie nun Acrylfarben kennen. Auf der Leinwand vereinten sie Formen und Farben sowie alle während des Kunstprojekts gesammelten Erfahrungen. „Die Kinder treffen beim Malen und Gestalten von Kunstobjekten eigene Entscheidungen. Sie entwerfen einen Plan und finden eigene Lösungswege“, erklärt Daniela Degner. „Dadurch wird ihre Eigeninitiative gefördert und ihr Mut und ihr Selbstbewusstsein gestärkt.“
Projekte, Besichtigungen und andere Angebote für die Vorschulkinder sind fester Bestandteil in allen Kitas des Kinderschutzbundes. Sie tragen dazu bei, dem zunehmenden Wissensdrang der Kinder gerecht zu werden und sie auf den baldigen Wechsel zur Schule vorzubereiten.