Das Kinder- und Familienzentrum Farbenland, eine Einrichtung des Essener Kinderschutzbundes, wurde durch die Karl Kübel Stiftung ausgewählt, im Bundesland Nordrhein-Westfalen Leuchtturmzentrum der Demokratie zu werden. In dem Projekt der Stiftung sollen Familienzentren als Orte gelebter Demokratie gestärkt und Familien dabei unterstützt werden, sich an der Gestaltung ihres Sozialraums aktiv zu beteiligen.
Für die Einrichtung des Essener Kinderschutzbundes spielen demokratische Entscheidungsprozesse bereits eine zentrale Rolle im Alltag mit den Kindern und Eltern. „Demokratie und Partizipation im Alltag unseres Kinder- und Familienzentrums zu leben, ist für unsere Kinder, Eltern und Mitarbeitern schon fast zu einer Selbstverständlichkeit geworden“, so die Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Farbenland. So wird beispielsweise in der Einrichtung per demokratischen Mehrheitsentscheid durch die Kinder in jedem Jahr ein neues Parlament gewählt, das sich für die Belange der Kinder im Alltag einsetzt. „Die Kinder entscheiden in den Parlamentssitzungen über den Essensplan, organisieren Ausflüge ins Kino oder diskutieren über die Anschaffung neuer Spielmaterialien“, erklärt Sabrina Szonn, Mitarbeiterin und Projektbetreuerin „Kinderparlament“. In den Morgenkreisen, an denen alle Kinder der Einrichtung teilnehmen, wird demokratisch darüber entschieden, welche Spiele gespielt und welche Lieder gesungen werden. Kinder praktizieren in der Form altersgerecht Mitbestimmung und Teilhabe, sie lernen zu diskutieren, andere Meinungen zu respektieren und letztendlich auch Kompromisse auszuhandeln.
Das Kinderparlament wird in jedem Jahr von den Kindern neugewählt. Wie bei den "Großen" gibt es Wahlplakate, auf denen Kindern sich zur Wahl stellen. Am Tag der Wahl stehen kleine Wahlhelfer bereit, sie händigen die Wahlzettel aus, auf denen die Kandidaten mit Bild und Namen abgebildet sind, und überprüfen die eigens angefertigte Wählerliste. Mit dem Wahlzettel und Klebepunkten geht es dann in die kleine Wahlkabine. Die Wunschkandidaten werden auf dem Wahlzettel mit den Punkten markiert, der Wahlzettel wird sorgsam gefaltet und dann in die Urne gesteckt. Anders als bei den "Großen" gibt es noch eine kleine Medaille mit dem Aufdruck "Ich habe gewält".
Das Kinder- und Familienzentrum Farbenland ist eines der zehn Kindertageseinrichtungen des Essener Kinderschutzbundes. Die UN-Kinderrechte sind für den Kinderschutzbund handlungsleitend und prägen die Arbeit in den Einrichtungen. „Das Recht auf Beteiligung und Teilhabe zählt zu den Grundrechten“, erläutert die Fachbereichsleitung Gabi Simon-Wagner, „und findet im pädagogischen Ansatz der sogenannten offenen Arbeit seine konkrete Umsetzung.“ Kinder lernen in gemeinsamen Prozessen für sich selbst und für andere den Alltag durch Entscheidungen selbstbestimmt zu gestalten und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. „Von Kindesbeinen an wird hier der Grundstein für ein Demokratieverständnis gelegt“, so die Fachbereichsleitung Simon-Wagner.
Der Kinderschutzbund Essen eröffnete 2016 die viergruppige Kindertageseinrichtung in der Innenstadt. In diesem Jahr erhielt die Einrichtung die Zertifizierung als Familienzentrum. 16 Nationalitäten sind bei den 74 Kindern, im Alter von ein bis sechs Jahren, im Kinder -und Familienzentrum Farbenland vertreten.
Die Karl Kübel Stiftung begleitet im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ Familienzentren auf dem Weg zu sogenannten Leuchtturm-Zentren der Demokratie. Das Bundesprogramm wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und befindet sich aktuell bereits in der zweiten Förderperiode als zentrale Säule zur Extremismusprävention und Demokratieförderung der Bundesregierung. Ziel des Bundesprogramms ist es, zivilgesellschaftliches Engagement für die Demokratie zu unterstützen.