Kinder und Jugendliche waren von den Maßnahmen der Corona-Pandemie in vielfacher Weise betroffen. „Schutzmaßnahmen wurden für den Schutz der Erwachsenen verordnet, der Kinderschutz ist während der Pandemie auf der Strecke geblieben“, so der Kinderschutzvorsitzende Spie. Die Folgen auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen sind noch nicht absehbar. Allen voran stehen aber die Auswirkungen der Schulschließungen und des Distanzunterrichtes im Fokus der Öffentlichkeit.
Gemeinsam mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ostfalia führen die lernHÄUSER des Kinderschutzbundes ein mehrjähriges Evaluationsprojekt durch, um die pädagogische Ausrichtung konzeptionell weiterzuentwickeln. Vorhersehbar war die Corona-Pandemie in diesem langfristig angelegten wissenschaftlichen Projekt nicht. „Wir haben die Krise jedoch als Chance genutzt und die Auswirkungen der Pandemie genauer betrachtet“, so Martin Hollinger, Leitung der lernHÄUSER Essen. Die Ergebnisse der Umfrage bei den lernHAUS-Kindern zeigen die massiven Folgen auf ihre Lebenssituation und Lernmöglichkeiten auf, die die Schulschließungen und des Distanzunterrichtes verursachten. Zwei Drittel der befragten Kinder bedrückt, dass sie so viel in der Schule verpasst haben. Ebenso vielen Kindern fehlte ein strukturierter Tagesablauf. Über die Hälfte der Kinder berichten von Zukunftsängsten. Die Lernsituation war für viele lernHAUS-Kinder denkbar schwierig. Die Hälfte der Kinder und Jugendlichen erledigten die Hausaufgaben mit ihrem Handy. Auch wenn ein Computer oder Tablet zur Verfügung stand, gab es nur in der Hälfte der Haushalte einen Drucker. Auch fehlt es an möglicher Hilfe daheim bei technischen Problemen. Unabhängig von räumlichen Gegebenheiten wie einem fehlenden Rückzugsraum gaben über die Hälfte der Kinder an, dass sie sich auch mehr um ihre Geschwister kümmern mussten.
„Wir haben während der Schulschließungen und den auch damit verordneten Schließungen der lernHÄUSER sogenannte Notfallmaßnahmen durchgeführt, um gerade in dieser Zeit für die Kinder und auch die Eltern ein verlässlicher Partner zu sein“, betont der lernHAUS-Leiter Hollinger. Dazu zählten zunächst Hausbesuche im Form von „Bürgersteig-zu-Fenster-Gesprächen“, regelmäßige Telefonate, Briefkontakte und to-go-Arbeiten. In der Folge wurden Angebote wie die Lernförderung per Videochat im eins-zu-eins Setting sowie eine digitale Freizeitgestaltung mit Spielen und Gesprächsrunden in Kleingruppen konzipiert und durchgeführt. Während der Öffnungen wurde mit einem entsprechenden Hygienekonzept in Kleinstgruppen die Lernförderung in Präsenz wieder aufgenommen. Dennoch fehlt über 90 Prozent der Kinder das Lernen in geregelten Strukturen und über 80 Prozent die gemeinsame Freizeitgestaltung.
Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage sollen in einer Post-Corona-Konzeption der lernHÄUSER eingehen. „Wir überlegen, was wir an neuen Wegen, Entwicklungen und Angeboten in die Zeit nach der Pandemie weiterführen werden“, so Hollinger. Sicherlich zählt dazu die sogenannten „Digitalisierungsoffenive“, die die lernHÄUSER im Herbst vergangenen Jahres startete. „Uns war bereits bei der konzeptionellen Entwicklung zur Digitalisierung von lernHAUS-Angeboten bewusst, dass es allein mit der technischen Ausstattung der Kinder mit mobilen Endgeräten nicht getan ist“, betont Hollinger. Kinder und Jugendliche benötigen für ihre Bildung und Weiterentwicklung mehr als digitale Endgeräte. Das zeigt auch der Umfragewert von über 80 Prozent der Kinder, die das lernHAUS-Team vermissten.
Für die Sommerferien haben die lernHÄUSER ein umfangreiches Programm ausgearbeitet, dass sich nicht ausschließlich auf die Lernförderung und dem Nachholen von Unterrichtsstoff ausrichtet. Auf dem Programm stehen, sofern es die Verordnungen zulassen, ein Fußballcamp, Koch- und Basteltage bis hin zu Aktionen wie einer Wanderung mit Lamas. „Mit einem Mix aus Lernen, Bewegung und Begegnung wollen wir die Kinder aus ihrem persönlichen Lockdown wieder herausholen“, so Hollinger.
Seit über 20 Jahren hat sich der Essener Kinderschutzbund zum Ziel gesetzt, Schülerinnen und Schüler, die in benachteiligten Lebenssituationen aufwachsen, ganzheitlich zu fördern und langfristig zu begleiten. Rund 200 Kinder und Jugendliche nehmen regelmäßig die Angebote in den vier lernHÄUSERN war und erhalten so die Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg und Schulabschluss. Für die erfolgreiche Förderung wurden die lernHÄUSER bereits mehrfach ausgezeichnet. „Die konzeptionelle Weiterentwicklung zählt mit zu den qualitativen Standards unserer Arbeit“, betont der lernHAUS-Leiter Martin Hollinger. Die Studie und das Modellvorhaben, das die Ostfalia Hochschule mit und für die lernHÄUSER des Essener Kinderschutzbundes durchführt und entwickelt, wird im Sommer 2022 der Öffentlichkeit präsentiert.
Für weitere Rückfragen steht Ihnen Martin Hollinger, Leitung lernHÄUSER Essen, Telefon 02 01 – 289 53 57, E-Mail hollinger@dksb-essen.de, sehr gerne zur Verfügung.